Elke Bartsch, Heilpraktikerin und Esalen Massage Lehrerin unterrichtet Massage in der Seitenlage. Die Seitenlage ist eine wunderbare Technik, um Schwangere zu massieren.
Ich habe mich mit ihr und Erika Schmid über die Massage in der Schwangerschaft und im Wochenbett unterhalten. Erika ist Esalen Massage Practitioner in Ausbildung und seit über 30 Jahren als Hebamme tätig.
Massage in der Schwangerschaft – ab wann?
Oft sind MasseurInnen etwas unsicher, wenn es um die Massage von Schwangeren geht. Ab wann nach einem positiven Schwangerschaftstest darf massiert werden und was gilt es dabei zu beachten? Je früher in der Schwangerschaft, umso häufiger ist die spontane Abortrate. Als Behandler Innen möchten wir nicht mit dem Vorwurf konfrontiert werden, dass wir durch unsere Massage eine Fehlgeburt ausgelöst haben könnten.
Tatsächlich gilt das erste Schwangerschaftsdrittel als unsicher, meint Erika. Inzwischen wird das aber auch so von der ärztlichen Seite her kommuniziert und die Frauen wissen das. Wenn eine Frau schon vor der Schwangerschaft regelmässig zur Massage kam und sich weiterhin Berührung wünscht, kann sie bereits im ersten Trimenon massiert werden. Immer unter der Voraussetzung, dass sowohl die Masseurin als auch die Klientin ein sicheres und gutes Gefühl dabei haben. Gerade in der Frühschwangerschaft seien Frauen häufig ängstlich und unsicher. Eine entspannende Massage könne helfen, einen Gegenpol zu schaffen und das Vertrauen in den eigenen Körper zu bestärken. Und es würde durchaus auch dem werdenden Vater guttun, massiert zu werden…
Lagerung in der Schwangerschaft
Frauen im zweiten Trimenon können noch in Bauch- und Rückenlage massiert werden. Wir können jedoch auch hier schon kreativ werden – vielleicht liegt sie gerne zuerst auf dem Rücken, mit hochgelagertem Oberkörper? Und später in einer Körperposition zwischen Seiten- und Bauchlage, damit sie ihr Gewicht nicht ganz auf den Bauch abgibt. Gut ist es, in unserer Massagepraxis ein grosses Sortiment an verschiedenen Kissen zu haben und die Frau auch aktiv einzuladen, sich ganz bequem zu positionieren.
Bei Schwangeren im dritten Trimenon ist die Seitenlage immer angebracht. Denn hier könnte eine Bauchlage die Vena cava, die Hohlvene, einengen.
Das Vena cava Syndrom
Die grösser werdende Gebärmutter kann auf die dahinter liegende Vena cava, die Hohlvene drücken. Dabei wird der Frau schwindlig und unwohl, wenn sie auf dem Rücken liegt. Das Kind reagiert mit abfallenden Herztönen. Wenn das eintritt, soll die Frau auf die linke Seite gelagert werden. Dann wird sich sowohl das Baby als auch die Frau rasch wieder erholen.
Stauungsphänomene
Gegen Ende der Schwangerschaft können auch Stauungsphänomene auftreten, wie geschwollene Handgelenke, Fussknöchel und Krampfadern. Die Ursache davon sei natürlich die Stauung im Becken. Erika empfiehlt, die Langen Streichbewegungen dann betonter Richtung Herz auszuführen. Auch passive Gelenkbewegungen seien hilfreich.
Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe treten bei etwa 80% der Schwangeren auf. Davon zu unterscheiden sei die Präeklampsie, meint Elke. Nebst Ödemen steigt bei diesen Frauen der Blutdruck an und die Proteinwerte im Urin sind erhöht.
Immer in der Sanftheit massieren
Wichtig ist es, immer auf die Aussagen und Bedürfnisse der Frauen zu achten und in der Sanftheit zu massieren. Die einfühlsamen Langen Streichbewegungen der Esalen Massage eignen sich dazu bestens. Ergänzend dazu können wir mit feinen kreisenden Bewegungen arbeiten, die Gelenke sanft mobilisieren und immer wieder mal die Stille als Ergänzung der Massage einladen:
Auf Tiefe Arbeit, starke Kompressionen und punktuellen hohen Fingerdruck sollte in der Schwangerschaft verzichtet werden.
Ingrid May, eine unserer Ausbildnerinnen, verweist oft auf die 5 Elemente, die auch in der Esalen Massage zu finden sind: Erde, Feuer, Luft, Wasser und Äther. In der Sprache der 5 Elemente ausgedrückt, bewegen wir uns in der Schwangerschaftsmassage in dem Flüssigen, dem Leichten und dem Allumfassenden von Wasser, Luft und Äther, getragen von grosser Liebe und Ehrfurcht gegenüber dem sich entfaltenden kleinen Menschlein und seiner Mutter.
Fülle und Leere
Gegen Ende der Schwangerschaft sind die Frauen bezüglich ihrer Energie in voller Fülle, in voller Erwartung ihrer Geburt. Viel Lymphflüssigkeit, viel Blut wird gebildet. Nach der Entbindung ist das Erlebnis Geburt hinter ihnen. Eventuell sind sie auch traumatisiert. Vielleicht müssen sie sich von einem grossen Blutverlust erholen, die Wunden müssen heilen. Die Milchbildung braucht zusätzlich viel Energie. Das zehrt am Körper und manchmal kommt da eine grosse Leere. Unter Erikas Händen fühlt sich der Bauch- und Beckenbereich nach der Geburt oft kalt an. Die Frauen schätzen es dann sehr, eine Massage zu erhalten, die sich nicht nur auf Bauch und Busen fokussiert, sondern den ganzen Körper mit einbezieht.
Mit Samthandschuhen anfassen
Die hormonelle Umstellung schon während der Schwangerschaft, aber insbesondere nach der Geburt sei gewaltig und die Frau befinde sich in einer hochsensiblen Lebensphase. Sie möchte gerne weiter mit Samthandschuhen angefasst werden. Alles, was wir in der Esalen Massage praktizieren, erhält hier nochmals einen besonderen Stellenwert: der sichere, warme Raum, die nährende Qualität der Berührung und die emotionale Bestärkung.
Ganzkörper Massage: ab wann nach der Geburt?
Bauchmassagen werden auf den Wochenbettstationen schon am zweiten Tag nach der Geburt angeboten, sogar wenn noch Nachwehen sind. Eine erste Ganzkörper Esalen Massage würde Erika aber erst ab der zweiten Woche empfehlen. Die Brustdrüsen und der Milcheinschuss haben sich dann schon etwas normalisiert und die Frau fühlt sich wohler auf dem Massagetisch. Die Frauen, die geboren haben, können wieder in Bauchlage massiert werden, wenn die Brüste gut abgepolstert werden. Auch hier ist es immer wichtig, gut zu beobachten, wie die Frau reagiert und was ihre Bedürfnisse sind.
Seitenlage Massage: nicht nur für Schwangere
Jede Lage bietet uns einen unterschiedlichen Vorteil, tief in die verschiedenen muskulären Strukturen einzutauchen. In der Seitenlage sind dies insbesondere die tiefen Hüftrotatoren, aber auch die Arbeit um Schultern und Nacken.
Elke massiert in ihrer Praxis nicht nur Schwangere in Seitenlage. Ihre Erfahrung ist, dass häufig ältere Leute nicht gut auf dem Bauch liegen können. Sie kriegen keine Luft, können sich nicht entspannen. Die Seitenlage ist eine sehr wohlige Position, da wir grossen Wert auf eine gute Polsterung mit Kissen und Tüchern legen. Es ist eine Kuschelhaltung, wo sich die Menschen leicht entspannen können. Jeder Mensch liegt gerne in der Seitenlage. Elke bietet ihren Klienten öfters mal an, die Seitenlage auszuprobieren. Auch ein schmerzender und verspannter Lendenbereich ist in der Seitenlage gut zugänglich und es ist eine wunderbare Ergänzung zur Bauch- und Rückenlage.
Danke, Elke und Erika für das Gespräch!
05.10.2022/ Lili Imboden