Neben den drei Kursteilen à zehn Tage im Seminarhaus Hollerbühl, Südschwarzwald, die man als feste Gruppe zusammen verbringt und lernt, gehört nach dem dritten Kursteil noch eine in Eigenregie durchgeführte Phase für die Übungsmassagen. Ein Praxiskurs, sozusagen, bei sich vor Ort. Zu Hause. Es sind insgesamt dreißig Massagen, die in sechs Monaten gegeben und auch zu Papier gebracht (protokolliert) werden sollten.
Diese Zeit, ich nenne sie hier mal den Vierten Block, war für mich eine tolle Erfahrung. Alle drei Kurse in Hollerbühl bei verschiedenen Lehrenden waren sehr intensiv und vielfältig und haben mich, soweit das geht, prima auf diesen vorerst letzten Teil der Ausbildung vorbereitet.
Träume, Tränen und das Protokoll
Heute, nachdem ich die 30 Massagen gegeben, protokolliert und auch die daran anschließende Abschlussmassage meiner Lehrerin Ingrid May gegeben habe, würde ich sagen, war diese Zeit mit die schönste in der gesamten Ausbildung. Die Zeit in Hollerbühl war aufregend, spannend und wir hatten oft so viel Spaß. Freundschaften wurden geknüpft. Träume wurden bei gutem Essen mit Leben gefüllt. Manchmal sind auch Tränen geflossen, was bei jeder Form von Körperarbeit Raum haben sollte. Ich glaube, dass gerade dieser Praxisteil der Ausbildung unglaublich wichtig für den Start in das selbständige Arbeiten nach der Ausbildung ist. Und vor allem eine Chance, so sehr viel über sich zu lernen und zu erkennen.
Wo sind meine Stärken? Wo fühle ich mich unsicher? Warum ist das so und was macht das mit mir? Wie nutze ich meine eigene Unsicherheit, meine vermeintlichen Schwächen, als meinen Weg? Gibt es überhaupt Stärken und Schwächen oder ist es ein Wechselspiel dessen, was uns aus macht? Warum wollte ich diese Form des Arbeitens lernen? Es gibt unendlich viel zu entdecken…
“Was steht mir im Weg diese Liebe zu leben.”
Es wäre einfach schade, den Vierten Block mehr als etwas zu erleben oder gar zu verstehen, dass notwendiger Weise erledigt werden muss, damit man ein Zertifikat erhält. Nicht nur die Massagen, auch das Protokollieren geben einem die Möglichkeit, sich noch mal auf das Wesentliche zurück zu besinnen. Sich Zeit zu nehmen. Die eigenen Beweggründe zu sehen, warum man diese Ausbildung gemacht hat und diese auch für sich selbst formulieren zu können. Nicht so sehr für andere. Auch, aber in erster Linie für sich selbst. Abzuwägen, wo stehe ich heute, was waren und sind meine Pläne. Was liebe ich so sehr an der Arbeit. An den Menschen und auch an mir Selbst. Was steht mir (oder eigentlich auch nicht...) im Weg, diese Liebe zu leben.
“Touch is a human method.”
Ich bin dankbar für jeden Einzelnen, den ich während der letzten zwei Jahre berühren durfte und für die Momente, in denen ich mich be- und gerührt fühlte. Es ist wunderschön eine Form der Massage/Berührung zu lernen, die so sehr auf den liebevollen Umgang miteinander eingeht und den technischen Aspekt nicht in den Vordergrund stellt.
Ein wenig ist es wie Jimi Hendrix sagte: Learn the chords and then forget about them. Einem lieben Freund sagte ich einmal über diese Massagen: … this touch is more a human method than a skill or technique. Like our breath, too. Caring for our soft, animal bodies…
Momente des Zweifelns
Es war einfach toll, dass ich mir wirklich drei Monate Zeit nehmen konnte/durfte, um nur diese Übungsmassagen zu geben. Mir Zeit zu nehmen, die Menschen anzusprechen und auch viel Zeit mit ihnen hier bei mir zu Hause verbracht zu haben. Zeit für Gespräche, für Geschichten und Sorgen. Zeit und dadurch auch die Muße gehabt zu haben, mich zu sehen, zu fühlen und mich auch anderen gegenüber öffnen zu können. Neben all der Freude auch Momente des Zweifelns zuzulassen und auch zu sehen was es heißt, mal zwei Massagen kurz hintereinander an einem Tag zu geben.
Oft waren meine Gedanken bei Mitlernenden, die diesen Vierten Block neben ihrer Tagesarbeit und Familienleben innerhalb von sechs Monaten vollbringen. Ihnen gehört mein Herz und ich bin sicher, dass alle ihren ganz eigenen Platz in diesem Prozess finden werden,
Der Letzte Block
Ja, nun stehe ich vor dem Letzten Block, der von heute bis zu meinem letzten Atemzug anhalten wird. Ich werde es langsam angehen lassen. Wieder Yoga teilen wo es gewünscht wird. Genauso fließend und um den Atem jedes einzelnen herum, wie wir es in den Berührungen auch tun. Einfach und aufmerksam. Und mir eine Arbeit suchen, die hoffentlich genügend Zeit und Kraft lässt, diese Körperarbeit in meinem Tempo wachsen zu lassen.
Alles Liebe und eine
friedliche Zeit,
Ellen
Über Ellen: Mehrere Aufenthalte am Esalen Institute, Kalifornien während der letzten Jahre weckten ihr Interesse an der Geschichte dieses Ortes. Den Menschen, die dort hinkamen, dort lebten und lehrten. Sie alle berührten sie und ließen ihre Spuren zurück. Und tun dies auch heute noch. Das Geben der Esalen Massagen und auch Yoga sind für Ellen der praktische Anteil, diese sich immer weiter entwickelnde Geschichte mit ihren eigenen Empfindungen zu verknüpfen und mit Leben zu füllen. Mit Atem und Berührung.
Kontakt: ellen_engel@yahoo.de